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Comment j'ai adopté un dragon...

Über Pfingsten waren wir wieder einmal in der französischsprachigen Schweiz unterwegs und haben dort unter anderem das pittoreske Städtchen Gruyères besucht. Dieses ist nicht nur wunderschön gelegen, es gibt dort auch einiges zu sehen: wer es gern gruselig mag, stattet dem H.R. Giger-Museum einen Besuch ab und gehmigt sich danach in der dazugehörigen Bar einen Drink. Wer es lieber etwas besonnener mag, für den gibt es gleich nebenan das tibetische Museum, welches ebenfalls einen Besuch lohnt. Was auch nicht fehlen darf ist der Besuch des Schlosses; ganz oben auf dem Hügel gelegen bietet es nicht nur einen impsanten Ausblick, sondern beherbergt ebenfalls ein Museum, in welchem es viel spannendes zu entdecken gibt. Auch wir haben dem Schloss einen Besuch abgestattet und waren beeindruckt von der prunkvollen Einrichtung. Und wie immer, wenn ich ein Museum besuche, führt mich mein Weg zum Abschluss in den Museumsshop. Ich liebe Museumsshops! Schon oft habe ich dort ein Fundstück entdeckt: ein Spiel, eine Designobjekt, ein besonderes Buch.... Auch aus dem Museumsshop des Schlosses habe ich euch ein Fundstück mitgebracht: ein geniales, witziges, fantastsiches Spiel, um Geschichten zu erfinden! Im Gegensatz zu den allseits bekannten Geschichten-Würfeln, welche mit Bildern funktionieren, werden bei 'Comment j'ai adopté und dragon' die Geschichten mit Satzfragmenten und Fantasie gesponnen. Und so funktionierts: als erstes wird mit zwei Zahlenwürfeln der Titel erwürfelt. Die Titelvorschläge finden sich auf einem Beiblatt und bieten schon viel Stoff für Spannung: 'Auch ich bin auf dem Mond spazieren gegangen' lautet einer davon, oder 'Wie ich einen Alien gekidnappt habe'. Steht der Titel erst einmal fest, gilt es, die passende Geschichte zu erfinden. Und was braucht eine spannende Geschichte? Genau, einen guten Anfang! Dazu wird nun mit einem weiteren Würfel der erste Satz gewürfelt, 'Als ich noch klein war' oder 'Ich habe euch noch gar nie erzählt, dass'. Wenn der Anfang gemacht ist, kann man nun die Fantasie walten lassen und selbst kreativ werden. Damit die Geschichte aber nicht irgendwo im Sand verläuft, sich verzettelt oder plötzlich nicht mehr zum Titel passt, gibt es 5 weitere Würfel, welche eingesetzt werden. Mit diesen werden Verbindungssätze, spannende Wendungen oder die Einleitung zum fulminanten Schluss erwürfelt. Auch die Mitspieler haben mit einem Würfel die Möglichkeit, in die Geschichte einzugreifen. Wenn sie allzu fantastisch wird zum Beispiel oder wenn der rote Faden verloren geht. Was sich in der Theorie etwas kompliziert anhören mag, macht in der Praxis unheimlich viel Spass! Wir haben das Spiel gleich auf dem Nachhauseweg gespielt und meine Kinder konnten beinahe nicht mehr aufhören! Doch nicht nur in der Familie macht das Spiel Freude, auch für grössere Gruppen und vor allem für den Unterricht ist es gut einsetzbar. Gerade Kindern aus bildungsfernen Familien, welche wenig Erfahrung mit Büchern und dem Erzählen von Geschichten haben, bietet das Spiel gute Unterstützung. Die verschiedenen Würfel unterstützen sie beim Aufbau einer linearen Erzählung, beim Einhalten des Erzählstrangs. Zudem lernen sie Sätze kennen, die ihnen auch in anderen Situationen helfen, eine Erzählung zu gliedern: wie beginnt man eine Geschichte, mit welchen Sätzen erzegt man Spannung, wie gelingt eine Wende und wie leitet man die Schlussphase ein? Das alles können sie hier auf spielerische Art lernen. Und nicht nur Kinder aus bildungsfernen Familien, alle profitieren von dieser Art, Geschichten zu erfinden. Und was mündlich gelingt, kann natürlich in schriftlicher Form auch in Aufsätze einfliessen. So wäre es zum Beispiel eine Idee, die Überschrift und ein paar Schlüsselsätze für einen Aufsatz zu erwürfeln.

Einen kleinen Nachteil hat dieses Spiel allerdings: wie anfangs geschildert, waren wir in der französischsprachigen Schweiz unterwegs und entsprechend ist auch das Spiel (leider) französisch. Ich habe mich beim Verlag erkundigt, leider ist in der nächsten Zeit nicht geplant, eine deutsche Variante auf den Markt zu bringen. Wer über genügend Französischkenntnisse verfügt, der kann die Sätze gleich während des Spiels übersetzen- so habe ich das gemacht.

Für alle anderen soll die Idee des Spiels als Inspiration dienen. Mit etwas Fantasie und wenig Materialaufwand lässt es sich nämlich gut auch selbst herstellen. Das bringt dann auch gleich Vorteile: Erstens kann man das Hauptthema des Spiels selbst bestimmen: es müssen ja keine Fantasy-Geschichten sein, auch Abenteuer- Grusel- oder Feriengeschichten kämen als Oberbegriff infrage. Zweitens kann man die Sätze auf den einzelnen Würfeln selbst erfinden und den individuellen Bedürfnissen anpassen. So wählt man für Grundschulkindern vielleicht nicht dieselben Anfangssätze wie für Jugendliche oder für Kinder mit Migrationshintergrund nicht dieselben wie für Kinder mit Deutsch als Muttersprache. Eines ist auf jeden Fall klar: egal, wie und wo oder in welcher Sprache es eingesetzt wird- dieses Spiel bietet jede Menge Potential, bringt Spass und findet hoffentlich viele Anhänger!

Lehrpersonen und andere Interessierte, welche Inputs oder Material für die konkrete Anwendung im Unterricht benötigen, melden sich gerne per Mail: post@leseleiter.ch.

Veröffentlicht am 17.06.2020

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